Virtual-Reality-Projekt der Law School und RWTH Aachen

Gemeinsam mit der RWTH Aachen bot die BLS ein interdisziplinäres Kursangebot mit Virtual-Reality-Technologie für Ingenieur*innen und Jurist*innen an

Einblick in andere Disziplinen

Der gemeinsam von Prof. Dr. Heribert Nacken (RWTH Aachen) und Carl Coste, Constantin Glaesner, Nico Schröter und Sven Störmann (alle Bucerius Law School) konzipierte Kurs verfolgte zwei wesentliche Ziele. Einerseits sollten die Studierenden die Kompetenzen für eine interdisziplinäre Bearbeitung eines realitätsnahen Sachverhalts erwerben. Durch die Zusammenarbeit sollten die Studierenden einen Einblick in die fachspezifische Herangehensweise der jeweils anderen Disziplin erhalten und sich darin üben, die eigene Vorgehensweise auch für Fachfremde nachvollziehbar zu erklären. 

 

Das Potential VR

Das zweite Ziel bestand darin, die Studierenden mit dem Medium der Virtual Reality (VR) in Berührung zu bringen und das didaktische Potential diese in der juristischen Ausbildung in Deutschland bislang noch nicht eingesetzte Technologie herauszufinden. So war es möglich, die Teilnehmenden mit einem größeren, kritischen Publikum aus computergesteuerten Avataren zu konfrontieren. Dies und die in der virtuellen Umgebung erlebte Immersion erlaubten es, Kommunikationssituationen nochmals realistischer zu simulieren.

 

Gemeinsame Lösungen

Grundlage für die Projektarbeit der Studierenden war eine fiktive Fallakte (herunterzuladen unter buceri.us/fallakte-kronstieg). In dem Szenario sind die Studierenden Angestellte des Fachbereichs Sturmflutsicherheit des Hamburger Landesbetriebs für Brücken, Straßen und Gewässer und wurden von der Umweltbehörde beauftragt zu prüfen, wie die Erweiterung eines bestehenden Hochwasserrückhaltebeckens im Norden der Stadt gestaltet werden könnte.

Dazu standen vier verschiedene Grundstücke zur Auswahl, die jeweils mit verschiedenen rechtlichen und technischen Makeln behaftet waren. In technischer Hinsicht mussten die Studierenden unter anderem die Fließwege des Wassers im Starkregenfall analysieren und das Überflutungsrisiko einzelner Bereiche abschätzen. Aus rechtlicher Perspektive mussten Fragen des Planungs-, Umwelt-, Naturschutz- und Grundstücksrecht geklärt werden.  Darüber hinaus sollten die Studierenden Vorschläge zur Information der Anwohner*innen machen.

 

Virtuelle Abschlusspräsentation

Die Ergebnisse wurde dann einem fiktiven Ausschuss der Hamburger Bürgerschaft in einem VR-Konferenzraum der MyScore Application vorgestellt. Alle Teilnehmenden nutzten dazu VR-Brillen, welche die Bewegungen einer Person in einen digitalen Avatar übersetzt, der sich im virtuellen Raum bewegen, interagieren und kommunizieren kann.

Die MyScore Application ist eine von der RWTH entwickelte Software zum avatarbasierten Lehren und Lernen, die Veranstaltungen und Zusammenkünfte in virtuellen 3D-Räumen ermöglicht und eine raumähnliche Atmosphäre schafft. Während sich viele der Rechtsstudierenden im Umgang mit der Technologie etwas schwerer taten, gelang es den Ingenieurstudierenden im Schnitt etwas schneller, sich auf den Umgang mit der sich teilweise noch in der Entwicklung befindlichen Technologie einzulassen.

Für viele Studierende war das zudem der erste Kontakt mit VR-Technologie, so dass Probleme wie Motion Sickness (Schwindelgefühle) noch vermehrt auftraten. Die meisten Studierenden beschrieben, dass sie bei der Präsentation in der virtuellen Umgebung aufgeregter waren und die Rückmeldungen des Publikums intensiver wahrnahmen. Einhellig positiv wurde die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Rahmen des Kurses bewertet. Die Denkweisen und Lösungsansätze für Probleme der jeweils anderen Disziplin kennenzulernen wurde von den Studierenden als spannend und bereichernd beschrieben. 

Wir danken allen Studierenden dafür, dass sie sich auf diesen neuartigen Kurs eingelassen haben. Im nächsten Jahr ist eine Wiederholung geplant. Darüber hinaus besteht an der Bucerius Law School die Absicht, VR-Technologie auch in anderen curricularen Veranstaltungen zu testen und die damit verbundenen didaktischen Potenziale auszuloten.  

Interdisziplinäres Lernen: Ingenieurs- und Jurastudierende arbeiten zusammen am Praxisfall

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Constantin Glaesner; Nico Schröter (Foto: Jeshoots.com via Unsplash)

Hamburg