Protest vor der iranischen Botschaft in Berlin

Am 24.01.2024 war der Tag der gefährdeten Anwält:innen. Hierbei kam es zum Protest vor der Botschaft der Islamischen Republik Iran in Berlin.

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Protest vor der iranischen Botschaft

Anlässlich des Tages der gefährdeten Anwält:innen am 24.01.2024 kam es auf Initiative des deutschen Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV) zu einem Protest vor der Botschaft der Islamischen Republik Iran in Berlin.

Gefordert wurde die Freilassung des Menschenrechtsanwalts Amirsalar Davoudi und mindestens 66 weiteren Anwält:innen, die nach der Ermordung von Jina Mahsa Amini im September 2022 im Rahmen der landesweiten Bewegung „Frau, Leben, Freiheit“ verhaftet wurden. Darüber hinaus waren auch Berufsverbote zulasten einer Vielzahl weiterer Anwält:innen Anlass des Protests.
 

Erneute Hinrichtungen im Iran

Ein Tag zuvor wurde durch die Hinrichtung des 24-jährigen Mohammad Ghobadlou erneut ein trauriges Schlaglicht auf die Willkür der iranischen Strafjustiz geworfen. Ghobadlou war einer der ersten Demonstranten, die nach der Ermordung von Jina Mahsa Amini im September 2022 im Rahmen der landesweiten Bewegung „Frau, Leben, Freiheit“ festgenommen wurden. Mohammad wurde des vorsätzlichen Überfahrens einer Gruppe von Polizisten und des Mordes an einer weiteren Person angeklagt.

Ghobadlous Anwalt berichtet über schwere Brüche mit rechtsstaatlichen Grundsätzen. Nicht nur soll das Urteil vollstreckt worden sein, bevor der oberste Gerichtshof über den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens entschieden hatte. Auch sei das Strafmaß des Urteils erst zwei Tage vor Vollstreckung mitgeteilt worden. Als Hochschule der Rechtswissenschaft verurteilen wir die Nichteinhaltung von rechtsstaatlichen Grundsätzen und fordern die Islamische Republik zur Einhaltung dieser auf.

Zu den Opfern der Hinrichtungen vom 23.01.2024 gehört neben Ghobadlou auch Farhad Salimi, der der kurdischen Minderheit des Landes angehört. Dieser war mit sechs weiteren Personen wegen der „Mitgliedschaft in einer illegalen Gruppe, Kriegsführung gegen Gott und Korruption auf Erden“ verurteilt worden. Vier weitere Kurden, namentlich Mohsen Mazloum, Mohammad (Hajir) Faramarzi, Vafa Azarbar und Pejman Fatehi, wurden der „Kollaboration mit Israel“ beschuldigt und in der Nacht des 29.01. hingerichtet.

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation HRANA wurden zwischen dem 22. Dezember 2023 und dem 20. Januar 2024 etwa 90 Personen hingerichtet. Im letzten Jahr sollen es mehr als 800 gewesen sein. Der Iran ist das Land mit den meisten Hinrichtungen auf der Welt.

Reaktionen auf die Geschehnisse

Im Protest gegen diese Hinrichtungen traten nun 61 weibliche politische Gefangene im berüchtigten Evin Gefängnis in den Hungerstreik. Viele weitere schließen sich ihnen an, darunter auch deutsche Aktivistinnen wie Daniela Sepheri und Avin Khodakarim, die beide in den letzten 12 Monaten im Rahmen von Veranstaltungen zu Gast bei uns an der Bucerius Law School waren.

 

Bedeutung anwaltlicher Verteidigung

Amirsalar Davoudi, der sich seit dem 26. Juni 2021 erneut in Haft befindet, war zuvor durch die Verteidigung im Rahmen von politisch motivierten Anklagen in das Visier des iranischen Regimes geraten. Zu seinen Mandant:innen gehörte auch der Journalist Soheil Arabi, dem vorgeworfen wurde, sich durch Äußerungen der Häresie schuldig gemacht und vom Islamischen Glauben abgefallen zu sein.

Dieser wurde zunächst zum Tode verurteilt, durch Rechtsmittel wurde das Urteil später auf eine Haftstrafe herabgesenkt. Dies veranschaulicht eindrücklich, die Bedeutung der anwaltlichen Verteidigung.

Die Bucerius Law School fordert die Regierung der Islamischen Republik Iran dazu auf, die Arbeit von Anwält:innen nicht länger durch politisch motivierte Straf- und Disziplinarverfahren zu beschneiden sowie Amirsalar Davoudi und die Vielzahl an politisch inhaftierten Anwalt:innen unverzüglich freizulassen.

 

Bucerius Law School unterstützt Patenschaftsprogramm

Aus Solidarität mit der Arbeit der Anwält:innen im Iran unterstützt die Bucerius Law School das Patenschaftsprogramm von HÁWAR.help e.V. Der Verein vermittelt Patenschaften für Personen, denen im Iran aus politischen Gründen die Hinrichtung oder eine sehr lange Haftstrafe droht und wurde kürzlich mit dem Marion-Dönhoff-Förderpreis ausgezeichnet.

Ziel der Patenschaften ist es, Öffentlichkeit für die Menschen zu schaffen, die das Regime versucht zum Schweigen bringen. Seit Beginn des Programms wurden über 400 Patenschaften an Politiker:innen vermittelt. Die Bucerius Law School ist stolz darauf als erste Hochschule ebenfalls eine institutionelle Patenschaft zu übernehmen. 

Prof. Dr. Michael Grünberger, Präsident der Bucerius Law School, begrüßt die Übernahme der Patenschaft: „Die vielleicht wichtigste Errungenschaft des Rechts sind subjektive Rechte des Individuums gegen den Staat – die universal gültigen Menschenrechte.

Wir haben als Hochschule für Rechtswissenschaft den Auftrag, junge Menschen dafür auszubilden, dass sie diese Rechte kennen, geltend machen und respektieren. Amirsalar Davoudi ist für unsere Studierenden ein Vorbild, weil er zeigt, dass der Einsatz für Menschenrechte für den Einzelnen gravierende Konsequenzen haben kann – man aber gerade deshalb an diesem Engagement für Freiheit und Gleichheit festhalten muss.”

Für die Patenschaft und die Kommunikation auf Social Media wurde der Hashtag #FreeDavoudi geschaffen.

 

Über HÁWAR.help e.V.

Mariam Claren, Mitinitiatorin des Patenschaftsprogramms bei HÁWAR.help e.V., unterstreicht, wie wichtig das Engagement der Bucerius Law School ist:

„In der Islamischen Republik Iran gibt es keine unabhängige Justiz. Jegliche Andersdenkende werden verfolgt und in unfairen Scheinprozessen verurteilt. Jene, die sie verteidigen wollen, sind ebenfalls dieser Willkür ausgesetzt. Herr Davoudi hat viele Jahre an der Seite der politischen Gefangenen gestanden, bis er selbst Opfer der Lynchjustiz wurde. Wir freuen uns, dass die Bucerius Law School eine Patenschaft für den inhaftierten Menschenrechtsanwalt Amirsalar Davoudi übernommen hat und auf sein Schicksal aufmerksam macht. Diese Menschen zahlen in er Islamischem Republik Iran den Preis der Freiheit, das Mindeste, was wir hier tun können, ist darüber aufklären.”
 

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