Ruben Rehr: Was ist und bringt die Vermögenssteuer?

Ruben Rehr erklärt, wie man mit der Vermögenssteuer Reichtum besteuert und was das für Vor- und Nachteile hat – Fofftein: Folge #4

Forschung & Fakultät |

Die Besteuerung von Vermögen hat in Deutschland eine Tradition. Vermögen wurden in der Vergangenheit jedoch günstiger besteuert. In Gestalt einer allgemeinen Vermögenssteuer existierte sie in unterschiedlichen Formen zwischen 1893 in Preußen bis Ende 1996.

Die Vermögenssteuer wurde vom Bundesverfassungsgericht in der damaligen Ausgestaltung als verfassungswidrig eingestuft. Problematisch war, dass in der steuerlichen Bemessungsgrundlage Unternehmen und Immobilien mit geringeren Werten bewertet wurden als anderes Vermögen. Der Gesetzgeber – in diesem Fall Bundestag und Bundesrat – wurden vom Bundesverfassungsgericht angehalten die Steuer verfassungsmäßig auszugestalten. Die Union und die FDP hatten die Mehrheit im Bundestag und das erklärte Ziel die Vermögensteuer abzuschaffen. Sie verweigerten sich daher einer Einigung über eine Reform mit dem Bundesrat. Mangels Einigung konnten verfassungswidrige Bewertungsregeln nicht repariert werden und weil dies nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist und keine alternative Lösung gefunden wurde, wird die Vermögenssteuer seit 1996 nicht mehr erhoben.

Charakteristika der Vermögenssteuer

Das Vermögen ist neben dem Einkommen und dem Konsum eine der drei Phasen zur Erfassung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Steuersubjekts. Für die Vermögenssteuer ist es unerheblich, ob ein Steuersubjekt Gewinne oder Verluste erzielt. Die Bemessungsgrundlage ist allein das Vermögen. Damit ist die von der Einkommens- und Umsatzsteuer abzugrenzen. Meistens ist die Vermögenssteuer jedoch so bemessen ist, dass sie aus den zu erwartenden Erträgen der wirtschaftlichen Aktivität gezahlt werden kann. Bleiben die erwarteten Erträge aus oder ist der Steuersatz zu hoch angesetzt, kann es allerdings auch zu einer Substanzbesteuerung kommen. Hierbei kann die Vermögenssteuer nicht mehr aus den Erträgen beglichen werden und die Vermögenssubstanz muss zur Begleichung der Steuerlast aufgebracht werden. Solche Situationen treten regelmäßig in Krisenzeiten auf. Die Erhebung einer Vermögenssteuer liefe dann konträr zu anderen politischen Bemühungen wirtschaftliche Strukturen beispielsweise durch Steuererleichterungen und -stundungen zu schützen.


Videoreihe „Fofftein“

Mit der Videoreihe „Fofftein“ möchten wir juristische Themen von gesellschaftlicher Relevanz für die interessierte, aber juristisch nicht vorgebildete Öffentlichkeit erklären und einordnen. Hierzu werden Mitglieder der Fakultät, Alumnae oder Alumni als Expert*innen eingeladen. In 5-10 Minuten – eben einer kurzen Kaffeepause – führen wir in die Thematik, beteiligte Akteure und die Umstände ein und erklären die Grundsätze des behandelten rechtlichen Themas.

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Auswirkungen einer Vermögenssteuer

Eine Vermögenssteuer würde den Haushalten der Bundesländer zugutekommen, denn die Vermögenssteuer steht den Ländern zu.

Befürworter einer Vermögenssteuer rücken Umverteilungseffekte in den Vordergrund. In der Tat ist Vermögen ungleicher verteilt als Einkommen. Wollte man allerdings Vermögen über eine Vermögenssteuer umverteilen, ist die Gefahr einer Substanzbesteuerung real, denn dieses Ziel ließe sich besonders gut mit einem hohen Vermögenssteuersatz verwirklichen.

Weiterhin wird argumentiert, dass durch eine Vermögenssteuer die Motivation steigt, das Vermögen schnell auszugeben und somit die Wirtschaft gefördert werden würde. Ebenso würden Steuersubjekte angehalten in Anlagen mit höherer Rendite – und zugleich höherem Risiko – zu investieren, um die Vermögenssteuer aus den Erträgen begleichen zu können.

 

Nachteile

Alle Steuern lösen Verhaltenseffekte der Steuersubjekte aus. Beginnt Deutschland beispielsweise damit eine Vermögenssteuer zu erheben, kann es beispielsweise zur Verlagerung von Vermögen ins Ausland kommen. Wurde das Vermögen in betrieblichen Abläufen eingesetzt, kann der Transfer sich daher indirekt auch auf andere Steuerarten wie die Einkommenssteuer auswirken. Eine Einführung einer Vermögenssteuer kann daher auch eine Verringerung des Einkommenssteueraufkommens zur Folge haben.

Ist steuerliche Belastung insgesamt zu hoch oder ist man dem Risiko einer Substanzbesteuerung ausgelöst, kann dies die Motivation, sich wirtschaftlich zu betätigen, senken.

Besondere Schwierigkeiten der Vermögenssteuer liegen in ihrer Erhebung. Zunächst müsste das gesamte Vermögen erfasst und bewertet werden, wobei dies regelmäßig geschehen müsste. Die Herausforderung besteht dabei individuelle Wirtschaftsgüter zu bewerten, für die sich ohne Verkauf kein Marktpreis bildet, wie z.B. Schmuck oder Kunst. Die Erhebung der Vermögenssteuer gilt daher für den Staat als besonders kostspielig. Je nach Studie werden die Kosten zwischen 10% und 43% des Ertrages geschätzt.

Weitere Informationen zur deutschen Vermögensteuer in englischer Sprache können Sie hier herunterladen.

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