5 Minuten mit: Prof. Anne Röthel

Prof. Röthel über ihren Umweg zu Jura, die körperliche Selbstbestimmung, den Umgang mit Familienunternehmen und ihren Beruf Hochschullehrerin.

Forschung & Fakultät |

Professorin Dr. Anne Röthel ist seit dem Jahr 2004 an der Bucerius Law School und hat den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Europäisches und Internationales Privatrecht aufgebaut.

 

Wollten Sie schon immer Jura studieren?

Nein, eigentlich wollte Anne Röthel immer lesen, schreiben und etwas auf dem Gebiet der Geisteswissenschaften machen, und so fing sie nach dem Abitur erst einmal ein Studium in Köln an. Philosophie, Theater, Literatur, Sprachen – „geradeaus in die Erwerbslosigkeit“, bis ihr jemand sagte, auch Jura hätte etwas mit Sprache zu tun. Plan B, ein Umweg: „Es war nicht geplant, aber glücklich, dass es so gekommen ist“.

 

Was haben Sie in Oxford und Paris gelernt?

Schon beim Gedanken an Oxford bekommt Prof. Röthel leuchtende Augen. Bei den sowohl fachlichen als auch persönlichen Aufenthalte seien viele Freundschaften und Bücher entstanden. Besonders die rechtsvergleichende Studie „Passing Wealth on Death“, die zusammen mit einer Kollegin entstand, habe ihre Vorstellung davon, wie anspruchsvoll Rechtsvergleichung ist, sehr entscheidend geprägt.

Dagegen sei Paris eine ganz andere Erfahrung: Nicht nur, weil sie dort auch mehr unterrichte, sondern weil ihr besonders bei den Studierenden im ersten Studienjahr auffalle, wie diese viel mehr in den Grundlagen und in der Ideengeschichte des Rechts zu tun haben. Damit sei beispielsweise der Gedanke viel geläufiger, dass das gegebene Recht auch ein anderes Recht sein könne.

 

Welchen Stellenwert besitzt Hamburg für Sie?

Prof. Röthel ist jemand, den es immer mal woanders hingezogen hat und für den Hamburg dementsprechend nicht unbedingt die letzte Station gewesen ist. Trotzdem schätzt sie Hamburg und seine Kombination aus Sicherheit und Freiheit sehr. Sicherheit, weil man sich hier gut aufgehoben fühlen könne und dazu Freiheit, die einem die Meeresbrise ab und zu schenke. Trotzdem: „Biografien werden an und nicht durch Orte geschrieben!“

 

 

Warum forschen Sie zur körperlichen Selbstbestimmung?

Körperlichkeit gehöre zu der menschlichen Lebensform, der man sich nicht entziehen kann. Damit einhergehend sei es ganz wichtig, darüber auch selbst bestimmen zu können. Auch wenn darüber grundsätzlich Einigkeit bestünde, gebe es immer wieder neue Fragen, die kontrovers diskutiert werden.

So würden sich die Haltungen zu Schwangerschaftsabbruch, Drogen, Sterbehilfe immer wieder verändern. Dabei handele es sich um Fragen, die verschiedene Gesellschaften immer wieder anders beantworten. Anne Röthel findet, dass man an ebendiesen Fragen besonders gut ablesen könne, wie das Recht auch mit den uns umgebenden anderen gesellschaftlichen Systemen interagiere.

 

Was ist das Notarrechtliche Zentrum für Familienunternehmen?

Das Notarrechtliche Zentrum Familienunternehmen richtet jährlich mehrere Veranstaltungen aus, bei denen sich Menschen aus Wissenschaft und Wirtschaft, Politik und Praxis begegnen, die mit Familienunternehmen zu tun haben und sie bei Gestaltungsfragen im Rechtszusammenhang beraten.

Bei Familienunternehmen handelt es sich laut Prof. Röthel um ganz besondere Unternehmen. Man könnte sagen, es prallen zwei Welten, zwei Handlungslogiken aufeinander: Einmal die Familie, wo es um Anerkennung, Liebe, Wertschätzung gehe und dann das Unternehmen, wo die einfache Leistung zähle. Wenn man mit Familienunternehmen zu tun habe, müsse man sich bewusst sein, dass diese beiden Seiten nebeneinander existieren.

Prof. Röthel versteht ihre Tätigkeit im Notarrechtlichen Zentrum Familienunternehmen so, dass sie genau diese Sensibilität für multidisziplinäre Herangehensweisen einbringen möchte. Dazu gehöre das Wissen um die Grenzen des Rechts und dass Recht auch manchmal schaden könne.

 

Was steckt hinter dem Gesprächskreis Erbrecht?

Bei dem Gesprächskreis geht es ihr vor allem um die „Warum?“ oder „Warum nicht?“-Fragen, um die Legitimation von Rechtsinstituten. Sie möchte gern die Fragen stellen, für die in der Vorlesung nicht so viel Zeit ist: Warum gibt es ein Erbrecht? Ist es gut, dass es ein Recht zu vererben gibt? Warum haben Kinder Pflichtteilsansprüche? Warum verbietet das deutsche Recht die Leihmutterschaft? Warum gibt es männliche und weibliche Elternteile, also Mütter und Väter?

 


5 MINUTEN MIT

In der Videoreihe: "5 Minuten mit" stellen wir unsere Professor*innen vor. Was für einen Lehrstuhl haben sie inne und an welchen Schwerpunkten arbeiten Sie? Uns interessiert jedoch genauso sehr, was unsere Professor*innen für Menschen sind. Was steckt hinter dem Lehrstuhl? Was fasziniert sie an der Hochschule und an Hamburg besonders? All das und noch viel mehr beantworten wir in "5 Minuten mit". Hier geht's zu allen Folgen:

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Was schätzen Sie daran, Hochschullehrerin zu sein?

Der Beruf sei ihr als autonomiebetonter Mensch sehr entgegenkommend, aber bringe zugleich viel Verantwortung mit sich: Verantwortung für das, was sie im Hörsaal den Studierenden mitgebe und Verantwortung für das, wofür sie als Wissenschaftlerin einstehe. Genau das schätze sie so an ihrer Tätigkeit.

 

Was ist das Besondere an der Bucerius Law School?

Anne Röthel geht es im Grunde noch wie zu ihrer Anfangszeit im Jahre 2004: Sie komme auf den Campus und merke, wie gern sie komme. Natürlich habe sich die Law School seitdem verändert, aber die Atmosphäre empfinde sie heute noch wie in den ersten Tagen. Auch das angenehme Miteinander im Kollegium nehme sie nicht für selbstverständlich.

 

Wie wichtig ist der Kontakt mit den Studierenden?

Den Kontakt mit den Studierenden empfindet Prof. Röthel als „ganz großes Glück“. Wenn sie in den Hörsaal kommt und in die vielen Augenpaare schaut, ist es für sie wie sichtbare Zukunft und zeigt ihr, warum „wir diese ganzen Anstrengungen unternehmen mit dem Recht und der Gerechtigkeit“.

 

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