5 Minuten mit: Prof. Michael Grünberger

Michael Grünberger, Professor an der Bucerius Law School, berichtet von seinen Herausforderungen als Erstakademiker und drei Ideen für die Zukunft der Hochschule #17.

Forschung & Fakultät |

Prof. Michael Grünberger ist seit 2023 Präsident an der Bucerius Law School. Im Gespräch bei „5 Minuten mit“ berichtet er davon, weshalb er sich für Reformen im Staatsexamen, wissenschaftliche Nachhaltigkeit und die Förderung von Diversität in der Rechtswissenschaft einsetzt.

 

Herausforderungen als Erstakademiker

Als Erstakademiker hat man an verschiedenen Punkten seines Lebens immer eine Frage: Schafft man das, taugt man dafür, hat man den Atem dafür, hat man die Ressourcen dafür? Dieses Problem kennt Prof. Grünberger sehr gut. Er habe auch häufiger die Situation, dass man sich so ein bisschen vorkommt wie ein kleiner Hochstapler: "Gehört man wirklich dazu?", äußert Grünberger.

Der Südtiroler, Rechtswissenschaftler und Hochschullehrer Prof. Grünberger kennt als Erstakademiker das Gefühl, sich manchmal wie ein Hochstapler zu fühlen. "Wenn man jedoch das Glück hat, gefördert zu werden und den richtigen Menschen zu begegnen, kann es sehr gut gelingen, aufzusteigen und Erfolg zu haben", so Grünberger. In dem Moment, wo man Jura studiert, überlege man schon ernsthaft, etwas mit Jura zu machen.

Für ihn war das damals noch ein Problem, da er nur italienischer Staatsbürger war und noch nicht die deutsche Staatsbürgerschaft hatte. Dadurch war unklar, ob eine Richterposition für ihn in Betracht komme.

 

Drei Ideen für die Zukunft der Bucerius Law School

Drei Ideen, mit denen Grünberger angetreten sei, sind Responsivität, Nachhaltigkeit und Diversität. Nachhaltigkeit betreffe dabei nicht nur die ökologische, sondern auch die wissenschaftssoziologische Dimension, was Strukturen und Institutionen angeht. Schließlich sei Diversität wichtig, weil er glaube, dass es für die Rechtswissenschaft allgemein, aber insbesondere für die Bucerius Law School von Bedeutung sei, sicherzustellen, dass sie eine diverse Studierendenschaft hat und möglicherweise auch diverse Mitarbeiter und Lehrkörper, so der Präsident.

 

 

Reformbedarf beim Staatsexamen

Laut Grünberger betreffe eine Herausforderung das Staatsexamensstudium, insbesondere die erste Prüfung und den staatlichen Teil, der administriert wird. Hier befinden wir uns als Hochschule in einem Reformprozess. Dabei geht es um das Hamburger Protokoll zur Reform der ersten (juristischen) Prüfung. Eine der insgesamt vier Kerforderungen ist beispielsweise die Reduktion des Pflichtfachstoffs durch Verlagerung: Durch die Verlagerung bestimmter Stoffgebiete aus der staatlichen Pflichtfachprüfung in das Studium soll die Belastung der Studierenden verringert und eine praxisnähere Ausbildung ermöglicht werden. Dies ist ein wichtiger Kernpunkt des Präsidenten für die Entwicklung unserer Hochschule.

Er hofft, dass dieser Prozess, den auch die Bucerius Law School mit angestoßen hat, Früchte trägt, damit wir das Positive des Examens bewahren und die vielen problematischen Erscheinungsformen abstellen können. 

Eine weitere Herausforderung ist die mono-disziplinäre Ausrichtung des Staatsexamensstudiums. Wir müssen darüber nachdenken, ob wir für die vielen Studieninteressierten, die zwar Rechtswissenschaft studieren wollen, aber kein Staatsexamen anstreben, nicht sinnvolle, qualitativ hochwertige Bachelor- und Masterprogramme anbieten müssen, betont Grünberger.

 


5 MINUTEN MIT

In der Videoreihe: "5 Minuten mit" stellen wir unsere Professor*innen vor. Was für einen Lehrstuhl haben sie inne und an welchen Schwerpunkten arbeiten Sie? Uns interessiert jedoch genauso sehr, was unsere Professor*innen für Menschen sind. Was steckt hinter dem Lehrstuhl? Was fasziniert sie an der Hochschule und an Hamburg besonders? All das und noch viel mehr beantworten wir in "5 Minuten mit". Hier geht's zu allen Folgen:

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Diversität als Gerechtigkeits- und Bildungsfrage

Für eine Hochschule für Rechtswissenschaft ist Grünberger Diversität aus zwei zentralen Gründen wichtig: Zum einen ist es eine Gerechtigkeitsfrage. Vor allem für uns an der Bucerius Law School, einer gemeinnützigen Stiftungshochschule, haben wir den normativen Auftrag sicherzustellen, dass möglichst viele Menschen an unserer Ausbildung teilhaben können. Bei diesem Punkt sieht Grünberger Entwicklungsbedarf.

Zum anderen betrifft es die Frage, wie wir sicherstellen können, dass zukünftige Entscheidungsträger während ihres Studiums mit unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen konfrontiert werden und sich damit auseinandersetzen. "Dies soll helfen, eine soziale Blase aufzubrechen und bessere Jurist:innen hervorzubringen", sagt Grünberger.

 

Vom Student zum Hochschullehrer

Nachdem Michael Grünberger die deutsche Staatsbürgerschaft zusätzlich erworben hat, wurde eine Richterposition eine Option für ihn. Doch dann wurde er von seiner damaligen Doktormutter gefragt, ob er sich vorstellen könnte, an die Universität zurückzukehren und zu habilitieren. Dieses Angebot war für den damaligen Doktoranden Grünberger sehr verlockend und hat ihn letztlich überzeugt, dass die Universität der richtige Ort für ihn ist.

 

Enge Verbindung zu den Studierenden

Wir haben hier an der Bucerius Law School einen sehr engen Kontakt mit den Studierenden – "Mich freut das sehr", äußert Grünberger. Was ich mir wünsche und woran ich noch arbeite, ist, Lehrveranstaltungen zu entwickeln, die es mir ermöglichen, bereits im ersten Jahr mit den Studierenden Kontakt zu haben.

Grünberger ist der Auffassung, dass es sehr wichtig sei, dass der Präsident der Bucerius Law School für die Studierenden zugänglich und offen sein sollte. Sie sollen das Gefühl haben, dass sie jederzeit mit ihren persönlichen Belangen und fachlichen Kompetenzen zu ihm kommen können. Das funktioniert nur, wenn man auch selbst als Präsident zu den Studierenden kommen kann.

 

Leben in Hamburg

Hamburg ist viel größer als Bayreuth, was aus Sicht meines Mannes ein großer Vorteil ist. Er hat mich in Hamburg schon häufiger besucht als in den elf Jahren in Bayreuth.

Hamburg ist auch eine sehr internationale Stadt und man merkt, dass es eine wohlhabende Stadt ist, ohne dass dies zur Schau getragen wird, wie es möglicherweise in München der Fall ist.

Ich würde mir wünschen, dass ich mehr Zeit habe, die Stadt kennenzulernen. Obwohl ich jetzt ein halbes Jahr hier bin, hatte ich noch wenig Zeit, die Stadt so gut kennenzulernen, wie ich es mir vorgestellt habe. Aber ich habe ja noch ein paar Jahre, um das nachzuholen.

 

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